Neues BHKW: Biogas aus Klärschlamm, eigene Stromerzeugung und Fernwärme

In Baselland werden alle ARAs (Abwasserreinigungsanlagen) vom Kanton betrieben. Um höchste Wirksamkeit zu erzielen, wird vernetzt gedacht, geplant und neueste Technologie mit hoher Effizienz eingesetzt. Dazu sollen möglichst viele Ressourcen aus der Abwasserreinigung genutzt werden, um daraus Wärme und Strom zu erzeugen. Denn sowohl Baselland als auch Basel-Stadt wollen mittelfristig auf Erdgas als Heizmedium verzichten können.

Zahlen & Fakten

Anwendungsgebiet:
Deponien und Kläranlagen
Land:
Schweiz
BHKW:
agenitor 408
el/th Leistung (kW):
360 kW / 345 kW
Betreiber:
ARA Bris

Blockheizkraftwerk für Faulungsprozess und Fernwärme

 

Bereits seit 2009 wird in der ARA Birs in Birsfelden erfolgreich ein BHKW zur Stromerzeugung eingesetzt. Im Oktober 2023 wurde dieses aus Altersgründen ausgemustert und durch ein modernes Aggregat mit max. 360 kW elektrischer Leistung und max. 399 kW Wärmeleistung ersetzt, welches mit Biogas betrieben wird.

Zur Erzeugung des Biogas dient der abgeschiedene Klärschlamm der ARA, welcher in einer Zentrifuge entwässert und anschliessend dem Faulprozess zugeführt wird. Das daraus resultierende Biogas besteht zu 65 % aus Methan. „Wir brauchen die im BHKW erzeugte Wärme in erster Linie für den Faulungsprozess des getrockneten Klärschlamms, welcher bei exakt 38° C liegt. Allerdings ist das BHKW so effizient ausgelegt, dass wir nur rund 1/3 der Wärme selbst nutzen. Der Überschuss wird in ein weitreichendes Fernwärmenetz eingespeist“, erklärt Patrick Lüthy, Betriebsleiter von ARA Birs und ARA Birsig.

In Verbindung mit zwei leistungsstarken Wärmepumpen, welche dem gereinigten Abwasser in der ARA Birs die Wärme entziehen, wird die Wärme dem Netz des Wärmeverbunds Lehenmatt Birs zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise heizt die Abwärme der ARA seit 2022 das Lehenmattquartier in Basel, Teile von Birsfelden, liefert die Grundlast für den St.-Jakob-Park und die Sportanlagen St. Jakob. Die Kooperation des Wärmeverbunds mit den Kantonen Baselland und Basel-Stadt ist bereits heute sehr erfolgreich und das Fernwärmenetz wird stetig ausgebaut. Rund 2’500 Haushalte sollen zukünftig im Lehenmattquartier mit ökologischer Wärme versorgt werden.

 

Effizientes BHKW mit ausgezeichneten Leistungswerten

 

Das BHKW vom Typ Agenitor 408 BG/ct80 des Herstellers 2G, welches durch die BHKW-Spezialisten von IWK (Integrierte Wärme und Kraft AG) installiert wurde, überzeugt mit einer elektrischen Leistung von 180 bis 360 kW und einem elektrischen Wirkungsgrad von knapp 42 %, was in der Leistungsklasse ein Bestwert darstellt. „Den mit dem neuen BHKW erzeugten Strom nutzen wir vollumfänglich zum Betrieb unserer eigenen Installationen und Anlagen. Zudem werden so die Betriebskosten der ARA entlastet. Unter dem Strich können wir im Regelbetrieb einen autarken Betrieb bei hoher Effizienz aufrechterhalten. Dank der ausgezeichneten Wärmeleistung sind wir mit dem neuen BHKW zudem zu einem zuverlässigen Wärmelieferanten geworden“, sagt Patrick Lüthy.

 

Platz, Zeit und Lüftung als grosse Herausforderungen

 

In Birsfelden waren die Platzverhältnisse die grosse Herausforderung für den Systemlieferanten IWK. „Da das Gebäude mit dem Maschinenraum nicht der ARA gehört, konnten wir keine Standardlüftung einbauen, sondern mussten eine spezielle Raumkühlung zur Abführung der Motorabwärme installieren. Die bestehende Gasaufbereitung wurde ebenfalls mit einem neuen Aktivkohlefilter sowie einer Gasanalyse ergänzt und in einem neuen Raum untergebracht“, berichtet Rolf Isenring von IWK.

Im Gegensatz zur ARA Birs wurde bei der ARA Ergolz 2 in Füllinsdorf das neue BHKW bereits fertig montiert mit allen Peripheriegeräten als Containerlösung angeliefert. Dadurch war der Aufbau und der Anschluss an die bestehenden Gas-Heizleitungen in kürzester Zeit möglich. Zusätzlich wurde auch hier eine neue Gasaufbereitung installiert. Um eine konstante Gasqualität zu garantieren, wurden zwei neue Aktivkohlefilter installiert, welche die stark schwankenden Begleitstoffe aus der Industrie eliminieren können. Zeit war aber auch bei der Ergolz 2 ein Thema, da sich der Rückbau des alten BHKW aus dem Maschinenraum als sehr arbeitsintensiv herausstellte.

 

Vorausschauende Planung ist die Basis für Erfolg

 

Wie eingangs erwähnt, wird in Baselland die Abwasserreinigung koordiniert abgewickelt. Mit vorausschauender Planung, vernetztem Denken und dem ausgeprägten Willen der Kantone Baselland und Basel-Stadt, von Erdgas und anderen fossilen Brennmitteln wegzukommen, haben sich die Verantwortlichen klar zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse bekannt und dies in den ARAs Birs und Ergolz 2 erfolgreich umgesetzt. Gleichzeitig mit der Erneuerung des BHKW in Birsfelden wurde in Füllinsdorf das veraltete BHKW ebenfalls durch ein neues Modell der gleichen Bauart ersetzt. Im Gegensatz zu Birsfelden dient das BHKW dort jetzt noch ausschliesslich zur Energie- und Wärmeversorgung für die eigenen Installationen. Es bestehen aber bereits Pläne, auch von Ergolz 2 aus künftig Fernwärme in Netze einzuspeisen.

Die ARA Birs und die ARA Ergolz 2 sind gute Beispiele dafür, dass mit Kooperation, abgestimmter Planung und zukunftsorientierten Investitionen die Strom- und Wärmeproduktion aus Biogas erfolgreich umgesetzt werden kann. Ein Beispiel, das bestimmt andere Kantone und Kooperationen für eine nachhaltige Energienutzung von Biogas inspirieren wird.

Dass besonders das Projekt ARA Birs bemerkenswert ist, beweist die Auszeichnung „Médaille d’eau“, welche im November 2023 an die Betreiber verliehen wurde. Diese Auszeichnung vom Verein InfraWatt und des Verbands Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) wird alle fünf Jahre an ARA-Betreibende vergeben, welche sich bezüglich Energieverbrauch, der Erzeugung erneuerbarer Energien und der Verringerung der Treibhausgasemissionen engagieren.