Nachhaltige Reststoffverwertung

Am Standort von Lorenz Snack-World im bayerischen Neunburg vorm Wald fallen Abfall- und Reststoffe bei der Produktion an. Diese werden zu 100 Prozent energetisch genutzt.
Am Standort von Lorenz Snack-World im bayerischen Neunburg vorm Wald fallen Abfall- und Reststoffe bei der Produktion an. Diese werden zu 100 Prozent energetisch genutzt.

Zahlen & Fakten

Anwendungsgebiet:
Lebensmittel- und Getränkeindustrie
Spezielle Lösung:
Miete
Land:
Deutschland
BHKW:
agenitor 412
el/th Leistung (kW):
404 kW/474 KW
Betreiber:
The Lorenz Bahlsen Snack-World GmbH & Co KG Germany

Kartoffelchips in allen Varianten oder Erdnussflips: Im ostbayerischen Neunburg vorm Wald läuft täglich Knabberzeug vom Band. Dabei entstehen bei der Produktion Abfall- und Reststoffe, vor allem Kartoffelschalen, sowie Abwässer aus der Kartoffelwäsche, die der Hersteller Lorenz sammelt und energetisch verwertet. Dafür hat er in der Nähe des Produktionsstandorts eine eigene Klär- und eine Biogasanlage errichtet.

Auch ein Blockheizkraftwerk befindet sich auf dem Gelände, das im vergangenen Jahr gegen ein effizienteres getauscht wurde. Mit dem BHKW bezieht das Werk in Neunburg 17 Prozent des Strombedarfs allein über die betriebseigene Anlage − das ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens. Daneben setzt man auch auf Rückgewinnung. Aus dem Wasser, das für die Wäsche der geschälten und geschnittenen Kartoffelscheiben genutzt wird, extrahiert man vor Ort Stärke, die wiederum in der Produktion eingesetzt werden kann. Das gefilterte und aufbereitete Wasser wird dann für die Vorwäsche der noch ungeschälten Kartoffeln erneut genutzt.

Die Lorenz-Gruppe ist ein Familienunternehmen mit Hauptsitz im hessischen Neu-Isenburg. In Deutschland produziert sie in ihren drei Werken in Bayern, Niedersachsen und Sachsen. Die meisten Werke und Verwaltungsstellen nutzen bereits Ökostrom aus Wind- und Wasserkraft nach Aussage des aktuellen Nachhaltigkeitsberichts. Bis 2023 soll der Stromverbrauch an allen Standorten über Strom aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden.
 

Aus den Reststoffen wird Biogas erzeugt
 

Das Werk in Neunburg vorm Wald, das seit 1968 betrieben wird, erhielt 1993 eine Kläranlage für die Produktionsabwässer, seit 2005 erzeugt es in einer eigenen Anlage Biogas aus den Reststoffen der Produktion. Das erste Blockheizkraftwerk (Hersteller 2G Energy) kam ebenfalls 2005 hinzu, um aus Biogas Energie zu erzeugen.
 

Das neue Aggregat läuft seit November 2021 und wurde neben der Biogasanlage in einem Container installiert. Es handelt sich dabei ebenfalls um ein BHKW von 2G Energy des Typs „agenitor 412“ mit einer elektrischen Leistung von 404 kW und einer thermischen von 474 kW. Mit verbaut wurde ein Oxidationskatalysator. Das BHKW produziert rund 2,3 Millionen kWh Strom im Jahr und 2,5 Millionen kWh Wärme.
 

Da laufend kompostierbare Reststoffe anfallen, werden bei Lorenz auf dem Gelände quasi rund um die Uhr Biogas sowie Strom und Wärme über die KWK-Anlage erzeugt. „Wir verwerten 100 Prozent unserer Abfallströme über die Anlage. Dafür ist das BHKW ausreichend“, sagt Thomas Beer, Bereichsleiter der Abwasseraufbereitung bei Lorenz. Damit entfalle für das Unternehmen zudem die teure Entsorgung über einen Drittanbieter und der Transport dorthin. Das sei insgesamt wirtschaftlicher und zugleich nachhaltig.
 

Die Biogasanlage besteht aus zwei Reaktoren. In dem einen werden die Reststoffe aus der Produktion wie Schalen oder Teigreste verwertet. Der zweite Reaktor ist eine sogenannte UASB-Anlage (Upflow Anaerobic Sludge Blanket). Dieses Verfahren kommt zum Einsatz, wenn sehr flüssiges Material verarbeitet werden soll. Bei Lorenz sind es unter anderem die Abwässer aus dem Waschprozess der Produktion. In der Biogasanlage in Neunburg vorm Wald entstehen auf diese Weise im Jahr insgesamt etwa 1,1 Millionen Kubikmeter Biogas.

BHKW-Strom wird für die Produktion genutzt

Beide Biogase werden zuerst gesammelt und gemischt. Das Gasgemisch wird entfeuchtet, entschwefelt und anschließend für die gekoppelte Strom- und Wärmeproduktion im BHKW eingesetzt. „Die Wärme verbleibt an der Anlage und wird hier auch verbraucht“, so Beer.

Es gibt eine weitere Besonderheit bei Lorenz: „Im Wasch- und Schälprozess bei den Kartoffeln wird immens viel Stärke mit ausgewaschen. Diese gelöste Stärke muss sowieso zwingend aus dem Abwasser gefiltert werden. Wir gehen hier einen Schritt weiter und veredeln die zurückgewonnene Stärke so weit, dass sie nochmals genutzt werden kann“, erklärt Beer. Auch hier passten der nachhaltige Umgang mit der Ressource Stärke und die Wirtschaftlichkeit gut zusammen.

 

Der über das Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird zu 100 Prozent für die Produktion im Werk genutzt. Seit November 2022 besteht hierfür eine eigene Verbindung von der Anlage direkt zum Werksnetz. Auf dem Gelände ist zudem eine Energiezentrale untergebracht, unter anderem für Dampferzeugung, Kompressoren und Trafos.

Mit dem BHKW-Hersteller 2G Energy hat Lorenz einen Vollwartungsvertrag unterzeichnet. „Falls einmal Fehler auftreten, sollen diese möglichst frühzeitig erkannt werden“, erklärt Beer die Entscheidung, dass Mitarbeitende von 2G von außen 24/7 auf die Anlage achten und gegebenenfalls eingreifen können. Bei einem Stillstand − etwa bei Wartungsarbeiten − können die Abfallstoffe zwar gesammelt werden, aber zu lang darf die Anlage nicht stehen. Daher hatte Lorenz in der Zeit der Umbaumaßnahmen auch ein Miet-BHKW. Insgesamt zeigt sich Thomas Beer zufrieden. Man habe sich wieder für 2G entschieden, da man einen verlässlichen Anbieter mit einer gewissen Größe wollte. Die Investitionssumme für das neue Blockheizkraftwerk von 2G Energy und die dazugehörigen Komponenten und Anschlüsse liegen bei rund 500.000 Euro.

 

„Die Wärme verbleibt an der Anlage und wird hier auch verbraucht.“

Thomas Beer | Bereichsleiter der Abwasseraufbereitung | The Lorenz Bahlsen Snack-World GmbH & Co KG Germany